Der 1952 geborene französische Komponist Philippe Fénelon beginnt im Alter von acht Jahren mit seiner musikalischen Ausbildung, die er auschlißend am Konservatorium von Orléans fortsetzt. Zwei Klavierlehrer prägen seine werdende Musiker- und Künstlerpersönlichkeit zutiefst. Janine Coste – Schülerin von Cortot, Nat und Messiaen – vermittelt dem jungen Fénelon die klassische Technik und die historische Perspektive in der Musik. Claude Ardent macht ihn für die Verbindungen zwischen Musik und Literatur empfänglich. Mit 17 Jahren unternimmt er seine erste Reise zu den Bayreuther Festspielen. Während einer Aufführung von Strawinskys Noces unter der Leitung von Pierre Boulez fasst er den Entschlusse, Komponist zu werden.
1971 beginnt er in Paris ein Studium der bulgarischen Sprache und besucht Vorlesungen über vergleichende Literatur und Linguistik an der École des langues orientales. Nachdem er am Conservatoire national supérieur de musique de Paris aufgenommen wurde, erhält er 1977 einen Abschluss in der Kompositionklasse von Olivier Messiaen. Es folgt eine fruchtbare Schaffensphase, in der über hundert Werke entstehen.
Viele seiner Kompositionen schreibt er für bekannte Solisten wie Michel Arrignon (Latitudes, für Klarinette und Ensemble), Maryvonne Le Dizès (Omaggio, für Violine), Joëlle Léandre (Notti, für Kontrabass und Stimme), Florent Boffard (Klavierkonzert), das Quatuor Arditti (Drittes Streichquartett), Florent Jodelet (Zabak), das Belcea-Quartett (Viertes Streichquartette, mit Stimme). Sieben seiner Werke wurden durch das Ensemble Intercontemporain uraufgeführt, darunter Diagonal et Midtown. Die Dix-huit madrigaux, nach Rainer Maria Rilkes Duineser Elegien, für Stimme und historische Instrumente, entstanden für das Amphitheater der Opéra Bastille. Gloria, für Orchester, ein Auftragswerk des Festivals von Besançon für den internationalen Wettbewerb junger Dirigenten, wurde im Auftrag des staatlichen französischen Fernsehsenders FR3 dokumentiert und vom BBC Symphony Orchestra unter der Leitung von Sir Andrew Davis gespielt.
Fénelons freier Stil ist offen sowohl für Erfundenes als auch für Historisches. Seine Schreibweise, die bevorzugt auf Verbindungen zwischen Literatur, Malerei und Musik eingeht, zögert nicht, aus der Vergangenheit geerbten Gattungen (Konzert, Streichquartett, Madrigal) neu zu interpretieren. Seine dramaturgischen Überlegungen führen ihn zu einer einzigartigen Herangehensweise an die Kunstform Oper.
Seine erste Oper, Le Chevalier Imaginaire, nach Cervantes und einer Erzählung von Kafka, wurde 1992 am Théâtre du Châtelet uraufgeführt. In der Folge komponiert er Les Rois, nach Julio Cortázar (Opéra national de Bordeaux, 1994), Salammbô, nach dem Roman von Gustave Flaubert (Opéra national de Paris, 1998 und 2000), Faust, auf ein Gedicht von Nikolaus Lenau (Théâtre du Capitole, 2007), Judith, einaktiges Monodram nach Friedrich Hebbel (Opéra national de Paris, 2007), La Cerisaie, nach Anton Tchekhov (Théâtre Bolchoï, 2010 und Opéra national de Paris, 2012), JJR, citoyen de Genève, ein Auftragswerk der Stadt Genf (Grand Théâtre de Genève, 2012) und Flaubert & Voltaire (festival de Peralada, 2014).
Philippe Fénelon hat ebenfalls Ballettmusik geschrieben. Yamm, ein Auftragswerk der Opéra National de Paris stand 2000 im Palais Garnier mit einer Choreografie von Lionel Hoche auf dem Programm. Mehrfach arbeitete er mit dem Choreografen Michel Kelemenis, der das Ballett Pasodoble in Marseille (Théâtre de la Criée) und Nanterre (Maison de la Musique) aufführte.
Der Komponist ist zudem Regisseur mehrere Filme, darunter 87, Galle road, Bentota, über ein Haus des sri-lankischen Architekten Geoffrey Bawa. 2002 wird Carnet I – Anne-Marie Pécheur in Lussas bei dem Dokumentarfilmfestival États généraux du documentaire und in Paris im L’Archipel gezeigt. 2005 läuft La vie est plus courte qu’un jour d’hiver, über das Leben der Komponistin Leni Alexander, im Programm der Festivals von Montpellier und Besançon, beim FIPATELin Biarritz sowie in Santiago de Chile. Kürzlich wurde Aurora Bernárdez leyendo a Cortázar im Rahmen der Ausstellung über Julio Cortázar in Santiago de Compostela, sowie in Paris (Maison de l’Amérique Latine und Institut Cervantès) und Tokio gezeigt. Im Oktober 2014 wird sein zunächst Film, La Vuelta al día, in Madrid vorgestellt.
In dem Gesprächsband Arrière-pensées (Hintergedanken, Musica Falsa, 1998) hinterfragt der Komponist seine Haltung als Tonsetzer sowie die Perspektiven der zeitgenössischen Musik. 2007 erscheint bei Actes Sud Histoires d’opéras, 2017 gefolgt von Déchiffrages, Une vie en musiques im Verlag Riveneuve.
Fénelon war von 1981 bis 1983 Stipendiat der Casa de Velázquez in Spanien und wurde 1988 vom Deutschen Akademischen Austauschdienst DAAD nach West-Berlin eingeladen. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet. Épilogue für Klavier bekam 1980 den Stockhausen-Preis in Bergamo (Italien), auf diesen folgten 1983 der Prix Georges Wildenstein, 1984 der Prix Hervé Dugardin der Société des auteurs, compositeurs et éditeurs de musique SACEM, 1990 der Förderpreis der Fondation Beaumarchais, 1991 der Prix Villa Médicis hors les murs und 1992 der Prix Musique der SACD. 2004 erhielt er den Prix Musique der SACD und 2007 den Grand Prix de la Musique Symphonique der SACEM.
Philippe Fénelon ist darüberhinaus der Ehrenlegion und des französischen Bundesverdienstordens.